Der Aschenwolke gerade noch entkommen

Sonnenschein macht mich glücklich, gerade auch auf Reisen. Dieses Glück potenziert sich sofort, wenn ich erfahre, dass es zu Hause regnet und kalt ist und sich alle nach einem Wetterumschwung sehnen. So war das auch letzte Woche, wo ich im Sonnenschein durch Brüssel schlenderte, die Jacke lässig über die Schulter geworfen.

Die Einkaufsgalerien waren verlassen, nur vereinzelt waren Leute in Geschäften zu sehen. Alle wollten die Sonne genießen. Die Tischchen vor den Cafés am Place du Sablon waren besetzt, es wurde getrunken, geplaudert, das Gesicht der Sonne zugewandt. Auf den Stufen des Kunstberges hatten sich Gruppen von jungen Leuten niedergelassen und wie ich so ins historische Zentrum hinunter spaziere habe ich plötzlich die Assoziation ‘Ameisenhaufen in slow motion’. Es wurlt, es brummt, Gesprächsfetzen, Lachen, Stöckelschuhgeklapper. Zwischendurch der unwiderstehliche Duft von frischen Waffeln.

Am nächsten Tag fuhr ich nach Antwerpen. Auch hier – strahlend blauer Himmel – zu Hause Regen. So geht das noch einen lieben Tag lang. Beim Mittagessen kommt dann die erste Eintrübung – nicht des Himmels, sondern meiner besten Laune.
Der Kellner redet was von einer Aschenwolke, Island, Vulkan, mögliche Flughafensperre – Moment mal! Bad joke? Dafür scheint der zu nett zu sein.

Ein schneller Anruf ins Büro – man weiß von nichts – bei der Airline übrigens auch nicht :-)
Ein prüfender Blick gen Himmel – blau so weit ich sehe! Kurz darauf ein Rückruf der Kolleginnen: “Gerti du hast Glück – alle Flüge ab 16h30 sind gestrichen, aber deiner um 16h findet statt.” 
Im Flughafenbus prüfe ich stets wieder das Blau des Himmels ob etwaiger grauer Verschmutzungstendenzen – nichts. Dann die Message: Flug gestrichen – Flughafen wird gesperrt. Das Glück ist ein Vogerl.

Am Flughafen herrscht alltägliche Geschäftigkeit. Von Chaos ist hier noch keine Spur. Die Schlange beim Fahrkartenschalter für die Bahn ist an anderen Tagen auch so lang. Ich löse ein Ticket zum Südbahnhof und kurze Zeit später bin ich auch schon unterwegs. Alles scheint so friedlich und normal, dass ich für einen kurzen Moment an meiner Wahrnehmung zweifle. Der Reality-Check folgt am Südbahnhof. Dort ist die Schlange vor den Schaltern für internationale Verbindung bereits außergewöhnlich lange. Trotzdem warte ich kaum 10 Minuten. Der Schalterbeamte ist zwar schon leicht erschöpft aber dennoch sehr bemüht.

Als ich eine halbe Stunde später wieder im Zug sitze und Brüssel langsam hinter mich lasse, diesmal in Richtung Deutschland, stellt sich ein Gefühl der Erleichterung ein. Die nahende Wolke war im aufkeimenden Chaos am Südbahnhof bereits zu spüren und ich wusste, dass ich mich noch gerade rechtzeitig aus dem (Vulkan-)Staub machen konnte.

Das Glück hatte mich doch nicht verlassen!

 
Loading